Zahnfleischbluten - nicht auf die leichte Schulter nehmen

 

Jetzt ist wieder die Zeit, in der Patienten mit spontan auftretenden, recht schmerzhaften Entzündungen am Zahnfleisch rund um einen oder zwei Zähne die Zahnarztpraxen füllen. Fragt man nach, ob es generell beim Zähneputzen auch schon mal blute, bekommt man meist zur Antwort: "Nur ab und zu, und dann habe ich wahrscheinlich zu fest geputzt."

Das mag beim ein oder anderen sogar stimmen - ich habe schon durch übertriebenen Putzzwang, und dann auch noch mit der falschen Technik, total zerstörte Zahnaußenflächen gesehen. In der Tat kann man durch zu exzessives Putzen, vor allem mit harten Zahnbürsten, den Zahnschmelz einfach "wegputzen". Besonders schlimm wird es, wenn durch zurückgegangenes Zahnfleisch der viel weichere und empfindlichere Zahnhals freiliegt. Ergebnis einer falschen und zu starken Putzens sind keilförmige Defekte, die von einer erhöhten Empfindlichkeit gegen Temperaturen bis zum Absterben des entsprechenden Zahnnervens führen können.

Was Zahnfleischbluten angeht, ist es ausgesprochen schwierig, gesundes Zahnfleisch zum Bluten zu provozieren. Blasrosa und straff, dem Zahn ohne extreme Wölbungen anliegend, so hat gesundes Zahnfleisch auszusehen. Kommt es beim Putzen oder sogar zu spontanen Blutungen, ist immer eine Entzündung des Zahnfleisches vorhanden. Diese muß anfangs nicht unbedingt schmerzhaft sein, weil der Körper Entzündungen bis zu einem gewissen Grade im "Gleichgewicht" halten kann. Kommt es aber wie jetzt temperaturbedingt zu einem Anstieg der Bakterien, werden diese Entzünden auch für den Laien "sichtbar" und machen sich nicht selten schmerzhaft bemerkbar. Eine Vermehrung der Bakterien kann auch durch ein Absinken der allgemeinen Immunabwehr gegeben sein, wie sie z. B. bei einer leichten Erkältung, Schlafmangel oder auch Stress stattfindet. Ein ähnlicher Effekt ist auch bei Entzündungen an der Wurzelspitze zu beobachten, was den sprunghaften Anstieg von Wurzelkanalbehandlungen und Wurzelspitzenresektionen im Sommer erklärt.

In jedem Fall bedarf Zahnfleischbluten der Behandlung, wobei diese in leichten Fällen allerdings nicht immer des Zahnarztes bedarf. Gründliches Putzen mit der richtigen Technik besonders der betroffenen Bereiche und entsprechende vom Zahnarzt verschriebene Mundspüllösungen können das Problem in vielen Fällen ohne weitergehende Behandlung lösen. Verschwinden die Blutungen nicht nach einigen Tagen, sollte auf alle Fälle der Zahnarzt aufgesucht werden. Allzu oft sind solche Blutungen nämlich die ersten Zeichen einer wesentlich massiveren Zahnbetterkrankung, der Parodontitis.

Als Faustregel mag gelten: auf keinen Fall sollte man aufhören zu putzen, weil es blutet, sondern an allen Stellen die bluten, doppelt so lange putzen wie normalerweise. Eine gesunde Ernährung mit gelegentlicher Rohkost und Vollkornprodukten wirkt ebenfalls präventiv. Rauchen hingegen ist erwiesenermaßen einer der entscheidendsten Faktoren bei der Entstehung von Zahnfleischerkrankungen. Laut Studien aus den Vereinigten Staaten verlieren Raucher ihre Zähne im Durchschnitt zehn bis zwölf Jahre früher als Nichtraucher.

 


Michael Linneweber