Hypersensible Zähne

 

Besonders jetzt im Sommer wird vielen Patienten der Genuß eines heiß ersehnten Eisbechers oft verleidet. Spontane Schmerzattacken auch nur beim geringsten Kontakt des Eises mit den Zähnen sind relativ häufig und vielen aus eigener Erfahrung bekannt. Bis zu 95% aller Menschen sind schon mit solch einem Schmerzerlebnis konfrontiert worden.

Nicht immer ist die Ursache dieser Schmerzen in einer Karies zu suchen, und in vielen Fällen kann der Zahnarzt den Bohrer getrost in der Schublade belassen. Behandlungsbedürftig sind sie aber in den meisten Fällen dennoch, diese hypersensiblen Zähne. Nichtbeachten führt in den seltensten Fällen zur Schmerzlinderung – in Extremfällen kann man sogar das Absterben des Zahnnerven provozieren, wird nicht rechtzeitig entsprechend gehandelt.

Die Ursache für die extreme Temperaturempfindlichkeit einiger Zähne ist im strukturellen Aufbau des Zahnes zu finden: vom Zentrum des Zahnes, wo sich der Nerv befindet, ziehen kleinste mit Flüssigkeit gefüllte Kanälchen durch das Dentin, die innere Schicht des Zahnes, bis zum Zahnschmelz. Im Zahnhalsbereich, wo der Schmelz sehr dünn ist und Richtung Zahnwurzel ganz aufhört, reichen diese Dentintubuli bis an die Oberfläche heran. Aber auch bei Defekten im Zahnschmelz, wo das darunterliegende Dentin freiliegt, ist eine direkte Verbindung dieser Tubuli zur Mundhöhle gegeben. Durch plötzliche Temperaturveränderungen kommt es zu sogenannten hydrodynamischen Flüssigkeitsbewegungen innerhalb der Kanälchen. Diese Bewegungen „zerren“ und „reißen“ regelrecht am Nerven, wodurch ein kurzer aber sehr heftiger Schmerz entsteht. Das Offenlegen der Kanälchen kann entweder durch normale Abnutzung des Zahnschmelzes erfolgen oder aber durch Zahnfleischrückgang, wenn bei „langen Zahnhälsen“ die Dentinschicht freiliegt. Oftmals ist die Ursache aber auch im excessiven Putzverhalten mancher Menschen zu finden, die in übertriebenem Sauberkeitswahn die schützende Zahnoberfläche regelrecht „wegschrubben“.

Abhilfe schafft in vielen Fällen die Versiegelung der Dentintubuli. Eine Vielzahl zur Auswahl stehender Präparate beruht auf drei verschiedenen Behandlungsansätzen, die alle das gleiche Ziel verfolgen, den Verschluß der Tubuli. Zwei- bis dreimaliges Applizieren der entsprechenden Produkte führt in der Regel zum gewünschten Erfolg. Außerdem kann der Patient selbst mit stark fluoridhaltigen Zahngels zuhause selbst zum Therapieerfolg beitragen, was zudem den Vorteil der zusätzlich kariesprotektiven Wirkung hat.

Nur in Ausnahmefällen, wenn es bereits zu einem deutlichen Substanzverlust am Zahn gekommen ist, wird der Zahnarzt zusätzlich zu Bohrer und Füllungsmaterial greifen müssen.

 


Michael Linneweber