Kariessterilisation - das Ende des Bohrers?

 

Seit Jahrhunderten schon wird Karies mechanisch, früher meist unter Schmerzen für den Patienten, entfernt. Dabei wird auch zwangsläufig immer gesunde Zahnhartsubstanz zerstört. Mit einer auf der Internationalen Dentalschau in Köln vorgestellten Neuheit „HealOzone“ von der Firma KaVo scheint die Kariesbehandlung an der Schwelle zu einer neuen Ära zu stehen. Durch die Einwirkung von Ozon über 20 Sekunden sollen die Bakterien zu 99,9 % eliminiert werden, und gleich einem Korallenriff verbleibt das remineralisierte, wiedererhärtete Gewebe an Ort und Stelle.

Das auf Sauerstoff basierende, starke Oxidationsmittel Ozon ist in seiner Funktion als Bakterienkiller grundsätzlich nichts Neues: Es wird zur Haltbarkeit von Lebensmitteln eingesetzt, Swimmingpools werden damit aufbereitet, und auch in der Medizin ist Ozon seit Jarhzehnten bekannt

Das Gerät „HealOzon“ wandelt Sauerstoff aus der Raumluft in Ozon um. Das dadurch entstandene Oxidationsmittel wird über einen Schlauch auf den luftdicht abgedeckten Zahn gepumpt. Nach 10 bis 20 Sekunden Ozon-Applikation unter diesem Silikon-Napf wird das Gas wieder abgepumpt und in Sauerstoff aufgespalten. 99,9 % der Bakterien sind laut englischer Studien daraufhin abgetötet, die Grundlage für eine gesunde Remineralisation des Zahnes. Vorraussetzung für die Arbeit mit dem HealOzon-Gerät ist der Einsatz

Der im Anwender-Prospekt vorgenomme “Rundumschlag" an Einsatzmöglichkeiten wurde zum für das Gerät einberufenen Kongress von den namhaften Referenten allerdings genauer differenziert, der Einsatzbereich auf Fissurenkaries und gut zugängliche Karies reduziert, die das Dentin noch nicht erreicht hat. Das Ozon selbst wirkt zirka zwei bis drei Millimeter tief. Karies im Interdentalraum ist fast nicht zu erreichen, zudem der luftdichte Abschluß unter dem Silikonnapf fast nicht zu bewerkstelligen ist. Das HealOzone-Vorgehen stellt für den Zahnarzt eine große Umstellung im gesamten Denkansatz dar: Die „schwammige" Karies bleibt mehr oder weniger belassen - in der Hoffnung, dass sie wieder in ihrer braunen, eher unästhetischen, Erscheinung erhärtet. Nicht zuletzt deshalb schon muss also doch in manchem Fall zum Bohrer gegriffen werden.

Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten mit dem HealOzon-Gerät ist die Kariesdiagnostik mit einem Diagnodent-Gerät, das nicht nur die Präsenz einer Karies bestätigen soll, sondern auch ein Maß für deren Intensität liefern soll. Nur so kann ein Therapieerfolg auch messbar dokumentiert werden.

Ein besonderes Einsatzgebiet ist die Behandlung von ängstlichen Kindern. Nach einer Studie der Universität Bern gaben 80% Prozent der behandelten Kinder an, jetzt keine Angst mehr vor dem Zahnarzt zu haben. Gute Ergebnisse wurden auch bei der begleitenden Behandlung extrem tiefer Karies erzielt. Die Reizung des Nerven war in vielen Fällen nach der Behandlung verschwunden. Der extreme Vorteil liegt darin, dass auf die komplette Entfernung des infizierten Dentins teilweise verzichtet werden kann und so die unbeabsichtigte Eröffnung des Nerven verhindert wird.

Der Effekt der Kariessterilisation hält für mindestens 14 Wochen an. Zeit genug, um die aufgeweichte Zahnsubstanz zu remineralisieren, was schon durch den Speichel geschieht, durch entsprechende Fluoridierung aber noch verbessert werden kann. Ein schöner Effekt am Rande: lt. Untersuchungen werden die so behandelten und remineralisierten Stellen nie wieder weich und kariös....

 


Michael Linneweber