Was Eltern über Kinderzähne wissen sollten


Die Zähne Ihres Kindes sind schon vor der Geburt im Kiefer angelegt. Bereits im vierten Monat der Schwangerschaft beginnen sich die Zahnkeime zu bilden, und Mineralien werden eingelagert. Deshalb ist die Ernährung der Mutter in diesem Zeitraum von entscheidender Bedeutung für die Qualität der späteren Milchzähne des Kindes. Der Durchbruch der ersten Zähne fängt ungefähr im Alter von einem halben Jahr an und beginnt mit den unteren Schneidezähnen. Bis zum 30. Lebensmonat ist das Milchgebiß mit seinen insgesamt 20 Zähnen vollständig durchgebrochen. Die Beschwerden, die manchmal den Zahndurchbruch begleiten und das Kind quengelig sein lassen, lassen sich durch einen gekühlten Beißring, u. U. durch ein Medikament lindern. In dieser Zeit knabbern die Kinder gerne an härteren Gegenständen und fördern somit das Wachstum der Zähne. Der nächste Zahnwechsel bzw. Durchbruch findet erst im Alter von 6 Jahren statt. Hinter den letzten Milchbackenzähnen wächst der erste bleibende Backenzahn. Angelegt und gebildet wird dieer jedoch schon ab dem vierten Lebensjahr des Kindes. Mit 13 bis 14 Jahren ist das Milchgebiß dann ganz durch das Erwachsenengebiß ersetzt worden und vollständig, wobei Zeitverschiebungen von bis zu zwei Jahren kein Grund zur Besorgnis sind.

Zahndurchbruch Die Frage der richtigen Ernährung beginnt bereits mit der Geburt. Für die Entwicklung des Kiefers und der Funktion des Kauorgans ist das natürliche Stillen unbedingt vorzuziehen. Sollte auf die Flaschenernährung ausgewichen werden, verwenden Sie einen kleinen Sauger ohne zusätzliches Entlüftungsloch, um einen ähnlichen Trainingseffekt zu erzielen. Daß Zucker eine schädliche Wirkung auf die Zähne hat, ist allgemein bekannt. Eine besonders schwere Form von Schäden ist als Nuckelflaschensyndrom bekannt. Dieses tritt auf, wenn Kinder, besonders über mehrere Stunden, zucker- oder säurehaltige Flüssigkeiten aus der Flasche nuckeln und diese die Zähne dauernd ungestört umspülen können. Verzichten Sie also darauf, die Nuckelflasche als Spielzeug oder Beruhigungsinstrument zu verwenden. Gewöhnen Sie vielmehr Ihr Kind frühzeitig, etwa zwischen dem 6. und 9. Lebensmonat daran, aus einem Becher zu trinken und verwenden Sie nur ungesüßte Getränke. Die Abhängigkeit von Süßem ist in der Regel im Kindesalter anerzogen. Grudsätzlich sollten klebrige und süße Speisen nie länger im Mund verweilen. Weil im Schlaf die spülende und damit schützende Wirkung des Speichels stark herabgesetzt ist, wirken sich “Betthupferl” besonders fatal aus. Entscheidend für die Entstehung von Karies ist nämlich nicht die Menge, sondern die Häufigkeit, mit der zucker- und stärkehaltige Speisen aufgenommen werden.

Ein anderer wichtiger Punkt ist die Vorsorge. Karies wird ausgelöst vor allem durch Mutans-Streptokokken. Der Säugling selber hat aber bei der Geburt noch keine eigene Mundflora – also auch keine Streptokokken. Sie entwickelt sich erst vollständig bis zum 4. Lebensjahr. Somit ist Karies nicht, wie so oft zu hören, vererbt. Richtig ist hingegen, daß Eltern und engere Kontaktpersonen als Überträger der Kariesbakterien fungieren. Durch Schmusen, Ablutschen des Schnullers oder Breilöffels gelangen die Streptokokken in den Mund Ihres Kindes. Wenn Sie dies beachten und verhindern, daß sich in den ersten Jahren zu viele dieser Bakterien in der Mundhöhle Ihres Kindes ansiedeln, hat Ihr Kind eine gute Chance, mit einem naturgesunden Gebiß alt zu werden.

Zahndurchbruchszeiten Mit der eigentlichen Zahnpflege kann man nicht früh genug beginnen. Sobald die ersten Zähnchen durchbrechen, reinigen Sie diese vorsichtig abends mit einem Wattestäbchen, ab dem zweiten Lebensjahr nach jeder Mahlzeit. Da Kinder einen ausgeprägten Nachahmungstrieb besitzen, werden sie bald von sich aus eine Zahnbürste benutzen wollen. Lassen Sie sie ruhig mit einer kleinen Kinderzahnbürste erste eigene Versuche machen. Verzichten Sie aber auf Zahncreme, da Kinder bis zum Alter von drei Jahren nicht zwischen Schlucken und Ausspucken unterscheiden können. Später können Sie eine spezielle Kinderzahncreme mit verringertem Flourgehalt benutzen. Ab dem 7. Lebensjahr kann normale Zahncreme verwendet werden. Lassen Sie Ihr Kind zusehen, wie Sie Ihre eigenen Zähne pflegen. Durch den Nachahmungstrieb ist Ihre Vorbildfunktion extrem wichtig. Gewöhnen Sie Ihr Kind daran, das zur täglichen Körperpflege auch das Zähneputzen gehört. Ihre Unterstützung beim Putzen ist dabei noch bis zum Alter von 10 Jahren erforderlich. So lnge dauert es, bis die manuellen Fähigkeiten Ihres Kindes vollständig für eine optimale Putztechnik ausgeprägt sind.

Heutzutage werden vom Kinderarzt in der Regel in den ersten zwei Lebensjahren fluoridhaltige Vitamin-D-Tabletten zur Rachitisprophylaxe verschrieben. Danach sollten Sie Ihr Kind mit Fluoridtabletten weitervesorgen lassen. Die Schutzwirkung von Fluorid senkt die Kariesanfälligkeit um das 80fache! Zusätzlich sollte eine lokale Fluoridierung im Rahmen der zahnärztlichen Betreuung alle 3 – 6 Monate erfolgen, da die Wirkung der speziellen Lacke, die hierfür normalerweise verwendet werden, nach diesem Zeitraum aufgebraucht ist. Die Pflege der Milchzähne ist extrem wichtig, weil sie eine wichtige Platzhalterfunktion für die bleibenden Zähne ausüben. Weil die Milchzähne kleiner als die bleibenden sind, ist es vollkommen normal, daß das Milchgebiß lückig ist. Die oft zu hörende irrige Meinung “Es wachsen ja neue nach!”, ist naiv und gefährlich. Kranke Milchzähne verhindern die normale Entwicklung des bleibenden Gebisses. Deshalb müssen sie bis zum Zahnwechsel ihre natürliche Form und Größe behalten, damit die durchbrechenden bleibenden Zähne sie nicht verschieben können und die weiteren Zähne dann nicht mehr genügend Platz haben. Gewissenhafte Pflege und regelmäßige Besuche beim Zahnarzt helfen, die Milchzähne bis zum Zahnwechsel zu erhalten. Der erste Besuch beim Zahnarzt kann sehr frühzeitig sein, um das Kind spielerisch an die Umgebung zu gewöhnen. Nehmen Sie Ihr Kind also ruhig zu Ihren eigenen regelmäßigen Vorsorgeterminen mit. Wenn keine zwingende Behandlungsnotwendigkeit besteht, sollte das Kind erst etwa mit zwei Jahren zum ersten Mal selbst auf den Behandlungsstuhl.

 


Michael Linneweber