Der Laser - was kann er wirklich?

 

"Haben Sie auch einen Laser?" - so oft eine der ersten Fragen neuer Patienten in meiner Praxis. Offensichtlich scheint sich nach wie vor die Überzeugung zu halten, ultramodernste Technik sei gleichbedeutend mit bestem Behandlungsergebnis. Um es klar zu sagen: moderne Gerätemedizin von heute hat durchaus ihre Berechtigung und kann sowohl dem Patienten als auch dem Zahnarzt die Behandlung erleichtern. Andererseits habe ich selbst schon die beachtlichsten Resultate aus einfachst eingerichteten Praxen gesehen, die so manchen technikbegeisterten Kollegen mit bis an die Zähne mit High Tech gefüllter Praxis vor Neid erblassen lassen könnten. Die Technik unterstützt - den Maßstab setzen jedoch Fachkompetenz und manuelle Geschicklichkeit des Behandlers. Wer sich durch die reine Ausstattung einer Praxis blenden lässt, braucht sich über das Ergebnis nicht zu wundern...

Im nachfolgenden sollen die Möglichkeiten, Grenzen und Einsatzgebiete von Lasern in der Zahnmedizin geschildert werden. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Haupteinsatzgebiete von Lasern in der Allgemeinmedizin zu finden sind, während sich ihre Anwendung in der Zahnmedizin gerade erst aus dem Experimentierstadium in den praktischen Einsatz verlagert hat.

"Den" Laser für alle angeführten Behandlungsmöglichkeiten gibt es nicht. Das hochenergetische gebündelte Licht von in der Zahnmedizin verwandten Lasern wird unter Verwendung von Kohlendioxid, Argon-Ionen oder Alexandrit erzeugt. Wichtigstes Unterscheidungskriterium ist die Wellenlänge des abgestrahlten Lichtes, die Eindringtiefe und Abtragung in den verschiedenen Geweben und Zahnhartsubstanzen bestimmen. Dabei ist die Eindringtiefe des Lichtes umso tiefer, je weniger vom Gewebe absorbiert wird und dieses damit verdampft. Zweites wichtiges Merkmal ist die Leistung - während die in der Kariesdiagnose eingesetzten Laser im Milliwattbereich arbeiten wie die handelsüblichen Laserpointer, sind für einen sauberen Abtrag in der Kariesbehandlung Leistungen von einigen Kilowatt und mehr notwendig. Zusätzlich werden die Laser von solch hoher Leistung nur gepulst eingesetzt mit Impulsen von einigen Picosekunden (1 milliardenstel), damit Zahnsubstanz und angrenzende Gewebe nicht überhitzt oder unkontrolliert verdampft werden. Das macht vor allem die im Bewusstsein der Allgemeinheit mit dem Begriff Laser verbundenen Geräte zur Kariestherapie zu aufwendigen Systemen, die die Praktikabilität dieses Verfahrens z. Zt. noch in Frage stellen.

In der Diagnose werden die im sichtbaren bis Infrarotbereich angesiedelten Laser bereits seit einiger Zeit erfolgreich eingesetzt. Ihr Licht dringt tief in den Zahn ein und macht mittels Fluoreszens versteckte Karies sichtbar. Ebenso können in der Parodontitistherapie die unterhalb des Zahnfleichsaumes der Wurzeloberfläche anhaftenden Konkremente sichtbar gemacht werden. Verantwortlich für die Fluoreszenz sind die sowohl in kariösen Defekten als auch in Konkrementen vorhandenen Porphyrine, von den Bakterien gebildete Pigmente. Auch zur schnellen und tiefen Aushärtung von Kompositen statt der normalerweise verwendeten UV-Lampen finden sie erfolgreich Anwendung. Verbindet man nun diese Eigenschaft in einem Feedback-Verfahren, das den Laserimpuls nur bei vorhandener Karies oder Konkrementen zuläßt, kann eine gesteuerte Entfernung sogar ohne Sicht vorgenommen werden, ohne gesundes Dentin oder die Wurzeloberfläche zu verletzen.

Die Kariesentfernung mittels Laser steht bereits seit Anfang der sechziger Jahre mit der Entwicklung der ersten Laser überhaupt im Mittelpunkt des Interesses, scheiterte aber über drei Jahrzehnte an thermischen Begleiterscheinungen wie Überhitzung des Zahnes oder zu geringer Abtragseffizienz. Der erste wirklich brauchbare Laser zur Kariesbehandlung wurde vor weniger als zehn Jahren vorgestellt, und noch immer sind die thermischen und mechanischen Nebenwirkungen dieser pulsierend arbeitenden Laser nicht vollständig geklärt. Interessant ist vor allem die minimalinvasive Kariesentfernung mit dem Laser. Dabei wird das hochgebündelte Licht mit einem sehr dünnen Lichtleiter direkt in den kariösen Defekt geleitet. So ist es möglich bei unterminierender Karies die Zahnoberfläche weitestgehend zu erhalten und nur im Zahninneren im Sinne einer Schlüsselloch-Präparation zu arbeiten. Angewandt wird diese Methode in den bereits erwähnten Feed-back-System, die den Laser nur bei vorhandener Karies "feuern" lassen.

Eine sehr wichtige Eigenschaft ist ihre keimreduzierende Wirkung. Der Effekt beruht auf einer Erhitzung der Bakterien bzw. des Gewebes, wobei durch die gesteuerte Eindringtiefe Oberflächenschichten von einigen Zehntelmillimetern zuverlässig sterilisiert werden können. Den sterilisierenden Effekt macht man sich auch bei der Wurzelkanalbehandlung zunutze, während für die eigentliche mechanische Reinigung und Vergrößerung des Kanals noch kein geeignetes Laserverfahren zur Verfügung steht Von besonderem Interesse ist auch die Behandlung von Entzündungen im Bereich von Implantaten. Mit einem einzigen Laser kann das infizierte Gewebe rund ums Implantat entfernt und der Bereich sterilisiert werden, ohne die Implantatoberfläche zu verletzen. Unbestrittenes Haupteinsatzgebiet der Laser ist die Chirurgie. Mittlerweile ist es möglich mit verschiedenen Aufsätzen und entsprechender Leistungsvorwahl alles mit einem einzigen Gerät auszuführen - vom kleinsten blutungsfreien Gewebeschnitt bis hin zur gezielten Knochenentfernung bzw. Wurzelspitzenresektion. Dabei kann der Laser das Operationsgebiet besonders gewebeschonend eröffnen und auch die Heilung beschleunigen.

In der Parodontologie, dem Gebiet der Zahnbetterkrankungen, kommen gleich mehrere Eigenschaften des Lasers zum Tragen: die gezielte Entfernung von Konkrementen unter Einsatz von Feed-back-Systemen, eine Keimzahlreduktion in den Parodontaltaschen und die chirurgische "Neugestaltung" des Zahnfleischsaumes.

Ein ausgesprochen interessantes Ziel ist die Kariesprophylaxe. Experimentell hat sich gezeigt, dass eine kurzzeitige gezielte Erwärmung des Zahnschmelzes auf einige hundert Grad diesen für Säureangriffe resistenter macht. Mit gepulsten Lasern ist das möglich, ohne dass sich der Zahnnerv dabei um mehr als einige Grad erwärmt. Der Effekt beruht auf einer Entfernung von Karbonaten und mikrokristallinen Veränderungen im Schmelz. Gelingt es eines Tages, ein optimales Gleichgewicht zwischen De- und Remineralisierung des Zahnschmelzes zu erreichen, könnte theoretisch ein permanenter Kariesschutz gegeben werden.

Die Anwendung des Lasers in der Zahnarztpraxis hatte vor etwa einem Jahrzehnt mit vollkommen überzogenen Forderungen und Erwartungen einen ausgesprochen schlechten Start und geriet dadurch vielfach in undifferenzierten Verruf. Mittlerweile sind viele Fragen geklärt und eine ganze Reihe praxistauglicher Anwendungen erschlossen worden. Noch ist der Laser in der Zahnarztpraxis eher eine Seltenheit - die stetige Weiterentwicklung der Verfahren lassen aber den Schluß zu, dass der Laser eines Tages zur Standardeinrichtung eines Zahnarztes gehören wird.

 


Michael Linneweber