Prophylaxe - ein Leben lang

 

Was verbirgt sich hinter diesem so oft gebrauchten Wort? Schlicht und ergreifend kann man darunter alle Maßnahmen zusammenfassen, die dazu geeignet sind, die Zähne und den Mundraum sauber und gesund, bzw. kariesfrei zu halten. Das heißt im Klartext aber auch, dass Prophylaxe bereits beginnt, bevor die ersten Zähne durchgebrochen sind und auch nach dem Verlust des letzten eigenen Zahnes nicht zu Ende sein sollte.

Zahnfissuren Eine ausgewogene Ernährung, zweckmäßige Zahn- und Mundpflege sowie die Anwendung von Fluoriden sind die Eckpfeiler der zahnmedizinischen Prophylaxe. Das beginnt bereits kurz nach der Geburt mit der Gabe von fluorhaltigen Medikamenten: in der Regel wird der Kinderarzt Tabletten zur Rachitisprophylaxe im ersten halben Lebensjahr verschreiben, die durch ihren Fluorgehalt gleichzeitig der Schmelzbildung der Milchzähne dienen. Danach fällt die weitere Gabe von Fluortabletten dem Zahnarzt zu, um die als Platzhalter für die bleibenden Zähne so wichtigen Milchzähne von Anfang an zu schützen. Fluor ist für die Ausbildung eines guten und widerstandsfähigen Zahnschmelzes sehr. Aber auch später, wenn die Zähne bereits durchgebrochen sind, kann die regelmäßig äußere Fluoranwendung den Kariesbefall dramatisch senken.

Eine regelmäßige Kontrolle des Mundraumes und der Zähne sollten so natürlich sein wie die tägliche Pflege. Bereits im Alter von zwei Jahren sollte man Kinder zum ersten Mal an den regelmäßigen Zahnarztbesuch gewöhnen und diesen Rhythmus bis ins hohe beibehalten. Abgesehen von den nur vom Zahnarzt anzuwendenden Prophylaxemaßnahmen kann im Falle eines Falles auch eine rechtzeitig entdeckte Karies schnell behandelt werden, bevor eine Füllung vielleicht schon nicht mehr möglich ist. Bestehende oder vorauszusehende Fehlstellungen sowie Platzmangel im Gebiß entdeckt das geschulte Auge des Zahnarztes rechtzeitig, um die geeigneten Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt einleiten zu können.

Viel zu selten wird immer noch die sogenannte Fissurenversiegelung angewandt. Besonders der erste und zweite bleibende Molar, die im Alter von sechs bzw. zwölf Jahren durchbrechen, sind aufgrund ihrer anatomischen Struktur sowie ihrer Entwicklungsgeschichte am stärksten kariesgefährdet. Eine Versiegelung der Fissuren mit einem dünnfließenden Kunststoff kann das Kariesrisiko um über 50% senken. Die deutschen Krankenkassen bezahlen diese spezielle Form der Prophylaxe zwischen dem 6. Und 17. Lebensjahr. Wegen der geringen Belastung des Kindes ist die Fissurenversiegelung eine ideale schmerzfreie Einstiegsbehandlung, die den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen Zahnarzt und Kind fördert.

Fissurenversiegelung Oft werde ich gefragt, ob Kariesanfälligkeit erblich sei, weil schon die Eltern schlechte Zähne hatten. Die Antwort ist ein klares "Ja", wenn auch nicht so einfach mit dem ererbten "schlechten Zahnmaterial" zu erklären. Die Enstehung von Karies ist ein vielschichtiger Prozeß, der unter anderem beeinflußt wird durch Ernährung, Zahnflege, Lebensgewohnheiten, etc. Haben also schon die Eltern eine schlechte Zahnputztechnik verwandt und diese an das Kind weitergegeben, wurde die Kariesanfälligkeit "vererbt". Wie wichtig eine ausgewogene Ernährung für die allgemeine Gesundheit sowie im speziellen auch die Zahngesundheit ist, dürfte inzwischen allgemein bekannt sein. Trotzdem pflegen die meisten Menschen viele aus dem Elternhaus übernommenen Eßgewohnheiten wider besseres Wissen, was ebenfalls die "Vererbung" verdeutlicht. Abgesehen davon existiert aber auch eine greifbarere Form der Vererbung: die individuelle Mundflora. Bei Kleinstkindern kann durch Ablecken des Schnullers oder Breilöffels Bakterien, besonders Streptokokken, dem Kind regelrecht eingeimpft werden. Mit speziellen Speicheltests kann das Vorhandensein bestimmter in erster Linie für die Kariesentstehung verantwortlich gemachten Bakterien nachgewiesen werden. Bei einem erhöhten Kariesrisiko können regelmäßige Anwendungen von fluorhaltigen Lacken vom Zahnarzt aufgetragen sowie die Anwendung von Fluorgelen zuhause die Kariesgefahr deutlich senken.

Speicheltest Spielt bis zum 20. Lebensjahr vor allem die Kauflächenkaries eine große Rolle, ist es bis zum ca. 35. Lebensjahr die Interdentalkaries, die zwischen den Zähnen an deren Berührungspunkten entsteht. Dieser Art der Karies kann nur durch den konsequenten Einsatz von Zahnseide vorgebeugt werden. Gleichzeitig steigt aber auch die Anfälligkeit für Parodontal- bzw. Zahnbetterkrankungen. Sind bei Jugendlichen die Parodontitiden eher selten, beobachtet man bei Erwachsenen einen geradezu sprunghaften Anstieg derselben. Ausführlicheres über Entstehung und Behandlung der Parodontitis können sie in dem Artikel "Parodontose - Parodontitis?" in der Ausgabe 12/99 von Ibiza-Heute nachlesen. Zusammenfassend sei aber gesagt, daß eine einmal erworbene Parodontitis den gesamten Zahnhalteapparat dauerhaft schädigt und auch bei erfolgreicher Behandlung der Ursprungszustand des Zahnfleisches nie wieder hergestellt werden kann. Zur Vorbeugung zählt neben einer adäquaten Pflege von Zähnen und Zahnfleisch auch die regelmäßige professionelle Reinigung durch den Zahnarzt oder eine entsprechende Dentalhygienikerin. Sie empfiehlt sich je nach Verschmutzungsgrad alle sechs bis zwölf Monate und sollte neben der Entfernung von Zahnstein auch die Reinigung der Zahnzwischenräume sowie die Politur der Zahnflächen beinhalten, um ein Anlagern von Belägen und Zahnstein zu erschweren. Auch entsprechende Mundspüllösungen können im Einzelfall wertvolle Ergänzung der täglichen Pflege sein.

Welche Art der Prophylaxe zu welchen Zeitpunkt für Sie die beste ist, sollten Sie mit Ihrem Zahnarzt individuell abstimmen. Regelmäßige Routinebesuche ein bis zweimal im Jahr helfen dabei, immer über den aktuellen Gesundheitszustand informiert zu sein und ggf. schnell reagieren zu können, bevor größerer Schaden entsteht.

 


Michael Linneweber