Zähneputzen – aber richtig !

 

“Und dabei putze ich doch zweimal täglich!” Diese oder ähnlich Aussagen hören wir fast täglich in unserer Praxis. Daß dies oft sogar der Wahrheit entspricht, beweist ein kurzer Blick in den Mund der Patienten. Putzdefekte an den Zähnen und zurückgegangenes Zahnfleisch sind leider auch heute immer noch keine Seltenheit. Ursache hierfür ist unter anderem die in der besten Absicht immer noch oft gebrauchte “Schrubbertechnik”

Aber auch in der Zahnheilkunde gilt durchaus: nicht alles, was alt ist, ist zwangsläufig auch veraltet. So hat die schon vor Jahren entwickelte BASS-Technik noch immer Gültigkeit. Der eigentliche Dreh dabei besteht darin, daß sanfte Dreh- Massagebewegungen die sonst üblichen weit ausholenden Hin- und Herbewegungen ersetzen. Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit vor allem auf den Übergang Zahn/Zahnfleisch. Genau hier und in den Zahnzwischenräumen sind die Bereiche, die am meisten unserer Pflege bedürfen. Die Glattflächen der Zähne putzt man dabei so ganz nebenbei automatisch mit. Dabei stellt man sich vor, jeden Zahn einzeln zu putzen. In der Tat sollte eine gute Kurzkopfzahnbürste nicht mehr als zwei Zähne auf einmal erfassen können. Acht bis zehnmal die Borsten im 45-Grad Winkel am Zahnfeischrand ansetzen, mit leicht kreisenden Bewegungen in den Zahnzwischenraum einrütteln und dann in Richtung Kaufläche abrollen – fertig für den nächsten Zahn.

Dabei dauert die Reinigung keineswegs länger als bei der altvertrauten Methode. Drei bis vier Minuten zweimal täglich sind absolut ausreichend, geteu dem Grundsatz: besser einmal weniger, aber dafür richtig geputzt! Dabei ist eine weiche oder mittelharte Zahnbürste vorzuziehen. Harte Borsten reinigen nicht besser, sonder verletzen lediglich das Zahnfleisch und tragen in Extremfällen sogar den Zahnschmelz ab. Die häufig gepriesenen elektrischen Zahnbürsten sind nur mit Einschrängkungen zu empfehlen. Wer sich dem Glauben hingibt, ein bloßes Anhalten der sich bewegenden Bürste an die Zähne garantiere bereits den Putzerfolg, der irrt gewaltig. Bis auf wenige Ausnahmen vollziehen die meisten elektrischen Zahnbürsten eine einfache Hin- und Herbewegung des Bürstenkopfes, die, wie bereits dargelegt, keine ausreichende Reinigung gewährleistet. Besser sind diejenigen, deren Bürsten eine Kreis- oder kombinierte Kreis-Rüttelbewegung ausführen. Aber auch hierbei gewährleistet alleine die richtige Handhabung im Mund im Sinne der bereits erwähnten BASS-Technik den gewünschten Erfolg.

Gänzlich abzulehnen sind die elektrischen Zahnbürsten hingegen bei bereits bestehenden oder beginnenden Zahnbetterkrankungen. Die durch die Parodontitis entstandenen Taschen zwischen Zahnfleisch und Zahn können durch automatische Bewegungen nicht mehr richtig gereinigt werden. Im Gegeteil werden die Beläge von den Zahnoberflächen in die Taschen geputzt, wo sie vom Patienten selber nicht mehr vollständig entfernt werden können und somit den Zahnfleischrückgang vorantreiben. In diesen Fällen ist den mechanischen Zahnbürsten der Vorzug zu geben oder den relativ neuen Ultraschallzahnbürsten. Letztere haben nachgewiesenermaßen einen positiven Effekt auf bereits bestehende Zahnfleischerkrankungen. Die Ultraschallwirkung beseitigt nicht nur einen Großteil der Beläge in den Taschen, sondern dezimiert auch die dort ansässigen und letztlich für die Erkrankung verantwortlichen Bakterien. Diese Kombinationswirkung mag auch den leider immer noch recht stattlichen Anschaffungspreis rechtfertigen. Trotzdem bedarf jede Zahnbetterkrankung nach wie vor der zahnärztlichen Behandlung und Kontrolle.

Vervollständigt wird die Reinigung der Zähne durch den Einsatz von Zahnseide – und bei bereits stark zurückgegangenem Zahnfleisch der sogenannten Interdentalbürstchen. Dabei ist der Gebrauch dieser Hilfsmittel einmal täglich, am besten abends, im Regelfall vollkommen ausreichend und wird nach einer kurzen Eingewöhnungsphase schnell zur Routine. Am besten verwendet man gewachste nicht zu dünne Zahnseide, um die Gefahr zum vermindern, die empfindlichen Zahnfleischspitzen in den Zahnzwischenräumen zu verletzen. Wichtig ist, die Zahnseide niemals in den Zahnzwischenraum einschnappen zu lassen, sondern sie mit leichten Sägebewegungen vorsichtig einzuführen. Dann wird zuerst die Rückseite des vorderen Zahnes gereinigt und dabei die Zahnseide langsam so weit wie möglich Richtung Zahnwurzel geführt. Anschließend reinigt man die Vorderseite des hinteren Zahnes auf die gleiche Weise. Doch Vorsicht: wenn man die Zahnseide einfach vom vorderen an den hinteren Zahn zieht, läuft man Gefahr, das kleine Zahnfleischdreieck im Zahnzwischenraum einfach abzuschneiden. Also erst die Zahnseide wieder bis af die Höhe des Kontaktes beider Zähne anheben und dann an den hinteren Zahn führen.

Für die Zahnpasta gilt: erlaubt ist, was schmeckt. Abgesehen von einigen speziellen Zahnpasten für empfindliche Zahnhälse oder Zahnbetterkrankungen unterstützen alle lediglich die mechanische Reinigung durch die Zahnbürste. Wichtig auch zu wissen: nach dem Genuß von Obstsäften oder säurehaltigen Getränken – das gilt im Übrigen auch für die meisten Softdrinks! – braucht der Zahnschmelz eine halbe Stunde, um sich wieder zu festigen. Wer vorher zur Bürste greift, putzt ihn einfach weg!

Daß die Umstellung auf die richtige Putztechnik langfristig zahnschonender ist und sogar dem Rückgang des Zahnfleisches vorbeugt, ist in Fachkreisen seit Jahren bekannt. Unser Ziel muß es sein, solche Informationen auch unseren Patienten zu vermitteln, um nicht länger nur zu reparieren, was wir durch mangelnde Aufklärung mit zu verantworten haben.

 


Michael Linneweber