Sekundärkaries - die schleichende Gefahr

 

Gerade jetzt beginnt wieder die Zeit, wo bei vielen der Zahnschmerz scheinbar aus heiterem Himmel zuschlägt. Klar, die Wärme in unseren Breiten zu dieser Jahreszeit lässt so manche schwelende Entzündung aber auch unentdeckte Karies "hochgehen". Aus aktuellem Anlass wende ich mich daher einem viel zu selten angesprochenen Thema zu, der Sekundärkaries.

Oft verkannt ist die Sekundärkaries eine ernstzunehmende Gefahr, die bereits mit Füllungen oder Kronen versorgte Zähne betrifft. Vermeintlich bereits kurierte Zähne schmerzen oder zeigen eine erhöhte Empfindlichkeit gegen Temperaturunterschiede. Bei der fachgerechten Behandlung kariöser Zähne mit Füllungen - oder bei stärker zerstörten Zähnen auch mit Kronen - wird die durch Kariesbakterien aufgeweichte Zahnsubstanz vollständig entfernt. Wichtig ist dabei aber auch die restlose Entfernung der verbleibenden Bakterien, die bereits in die scheinbar noch harten Bereiche um die Kariesläsion eingedrungen sind. Geschieht dies nicht vollständig, kommt es früher oder später zur sogenannten Rezidivkaries. Dabei vermehren sich die verbleibenden Bakterien langsam - ein neuer kariöser Defekt entsteht. Die früher häufig vertretene Meinung, dass der hermetische Einschluss unter einer Füllung, Inlay oder Krone den verbleibenden Bakterien die Lebensgrundlage entzieht, kann heute so nicht mehr aufrechterhalten werden. Zwar verlangsamt der Abschluss von der Mundhöhle nachweislich das Wachstum der Bakterien, kann aber eine neue Karies nicht verhindern. Im Gegensatz dazu steht die Sekundärkaries. Hierbei handelt es sich nicht um eine wiederaufflammende Karies, sondern um eine neu entstehende Erkrankung der Zahnhartsubstanz, die nicht unbedingt in unmittelbarem Zusammenhang mit der Restaurierung des betreffenden Zahnes steht. Selbstverständlich kann eine schlecht angefertigte Restaurierung wie überstehende oder auch zu kurze Kronenränder, unvollständige Füllungen oder zu grosse Zementspalten das Enstehen einer Sekundärkaries begünstigen. Oft ist es aber auch einfach nur eine völlig neu entstandene Karies, die den Zahn auch ohne vorherige Restaurierung hätte befallen können. Leider spielen aber auch in vielen Fällen die Pflegegewohnheiten des Patienten eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Sekundärkaries. Das betrifft im besonderen mit Einzelkronen oder Brücken versorgte Zähne. Viele Patienten glauben immer noch, dass ein überkronter Zahn nun für immer geschützt sei und nicht mehr der gleichen sorgfältigen Pflege bedarf wie die restlichen Zähne. Manchmal ist es aber auch nur das Unwissen darum, dass gerade ein überkronter Zahn besonderer Pflege bedarf.

Randkaries Der Kronenrand ist dabei ein besonders gefährtdeter Bereich. Selbst bei sorgfältigster Anfertigung des Zahnersatzes stellt er immer eine Unterbrechung der durchgehenden Zahnoberfläche dar, die bei unzureichender Pflege auch willkommener Schlupfwinkel für Bakterien werden kann. Besonders gefährlich wird es, wenn der entsprechende Zahn bereits wurzelkanalbehandelt ist. In diesem Fall wird eine Karies oftmals überhaupt nicht wahrgenommen, weil sie keinerlei Schmerzen mehr verursacht. Der Zahn verfault buchstäblich unbemerkt unter der Krone. Ein eindeutiges Warnzeichen sollte schlechter Geschmack im Mund oder Mundgeruch sein. Ist die Karies nämlich erst einmal soweit fortgeschritten, dass sich das Zahnfleisch oder der Knochen entzünden und Schmerz wahrgenommen wird, ist es oft bereits zu spät, den Zahn noch zu retten. In vielen Fällen bleibt nur noch die Extraktion. Um so ärgerlicher, wenn es sich bei dem Zahn um den Stützpfeiler einer Brücke oder wichtigen Haltezahn für eine Prothese gehandelt hat. Denn dann ist die Neuanfertigung der gesamten Brücke oder Prothese oft unvermeidlich, in manchen Fällen gar ein festsitzender Ersatz mittels einer neuen Brücke schon nicht mehr möglich - es muss ein herausnehmbarer Zahnersatz angefertigt werden.

Damit es soweit gar nicht erst kommt, lassen Sie auch bei restaurierten Zähnen die gewohnte Sorgfalt bei der Pflege walten. Vor allem aber machen Sie einen regelmäßigen Checkup bei Ihrem Zahnarzt, denn er kann eine Karies bereits erkennen, wenn Sie selber noch nichts davon merken.

 


Michael Linneweber