Zahnhalsdefekte - klein aber schmerzhaft

 

Viele haben sie, meist ohne es zu wissen - die sogenannten keilförmigen Defekte des Zahnhalses. Besonders ab dem 40. Lebensjahr findet man sie recht häufig als mehr oder weniger tiefe, oft halbmondförmige Furchen auf der Außenseite der Zähne direkt über dem Zahnfleisch. Oft sind es Einzelerscheinung. Fast immer hingegen treten sie bei einer Parodontitis und dann gehäuft auf.

Wie entstehen diese Defekte? Die Ursachen sind vielfältig und fast nie unitär verantwortlich für das Auftreten dieser Defekte. Überbelastungen einzelner Zähne durch falsch angefertigten Zahnersatz oder nächtliches Knirschen können den Zahnschmelz an dieser Stelle ebenso regelrecht heraussprengen wie die simple schlechte Angewohnheit des Zähnepressens auch tagsüber. Eine falsche, zu aggressive Putztechnik - mehr horizontal als kreisend - kombiniert möglicherweise noch mit einer sehr harten Zahnbürste und abrasiven Zahnpasten kann die nicht ganz so widerstandsfähige Zahnsubstanz in diesem Bereich regelrecht "wegputzen". So erklärt sich auch das oft asymmetrische Auftreten dieser Defekte, so dass es oft möglich ist, anhand der Defekte zu sagen, ob jemand rechts- oder linkshändig putzt. Besonders bereits bestehende kleine Defekte sind bei zu exzessivem Putzen besonders gefährdet, weil das unter der im Zahnhalsbereich nur noch sehr dünnen Schmelzschicht liegende Dentin verhältnismäßig weich ist. Harte Zahnbürsten sollten generell passé sein - der Reinigungseffekt ist nachgewiesenermaßen nicht größer als bei mittelharten. Im Fall bestehender Defekte ist dagegen eine weiche Zahnbürste mit dementsprechend adäquater Putztechnik vorzuziehen.

Abgesehen von der unangenehmen Schmerzsensation besonders bei Kältereizen, sind die keilförmigen Defekte auch eine Gefahr für den Zahnnerven. Dieser hat die Tendenz, sich bei dementsprechender Reizung - das gilt im übrigen auch für eine langsam vorrückende Karies! - mit der Bildung von neuem Dentin regelrecht einzumauern. Dabei wird logischerweise die eigentlich Nervkammer kleiner. Betrachtet man den anatomischen Querschnitt eines Zahnes, fällt die flaschenhalsförmige Form genau im Bereich des Zahnhalses auf. Außerdem verlaufen die kleinen Kanälchen im Dentin hier bereits stark zum Zahninneren abfallend, so dass der Reiz den Nerven dort räumlich tiefer erreicht. Findet die Neubildung von Dentin aufgrund eines Dauerreizes genau an dieser Stelle statt, kann der Zahnnerv sich im Extremfall so sehr einmauern, dass er sich selbst stranguliert, indem er die Blutversorgung abklemmt. Der Nerv stirbt ab.

Früher wurden solche Defekte oft als nicht therapierbar oder -würdig abgetan. Mit den heute zur Verfügung stehenden Materialien sind sie jedoch relativ einfach zu schließen und sollten nicht zuletzt aufgrund der o. a. Problematik auch möglichst schnell nach ihrem Auftreten behandelt werden. Zwar halten diese Füllungen auch wegen ihrer speziellen Form nicht so lang wie solche im Kauflächenbereich, doch ist es auf jeden Fall besser, diese Füllungen öfter zu wiederholen als den Zahn langsam aber sicher wegzuputzen.

 


Michael Linneweber